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Darf man als Moslem Schinkenchips essen?

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Die Menschen sind inzwischen aus dem Teletext ins Internet abgewandert und so liest sich der meiste Kram dann dort auch. Ich bin bekanntlich ein Riesenfan von Seiten wie gutefrage.net oder wer-weiss-was.de, weil jeder dort immer alles weiß und die Diskussionen immer nach dem gleichen globalen Trottel-Schema abzulaufen scheint. Es gibt genau sechs Arten von Menschen, die im Internet kommentieren:

Der Minimalist. Der Sozialpädagoge. Der Agressor. Der Besserwisser. Der Troll. Und mich.

Die Tasse MARKUS Exklusiv verströmt ihr köstliches Aroma im Arbeitszimmer. Draußen scheint die Sonne von der immer alle erzählen, aber nicht in diesen Raum. Diese Wohnung kennt kein direktes Licht mehr. Spielten nicht früher auch immer diverse Kinder vom irgendwem auf der Straße? Wo sind die denn alle hin? Heute muss man beim Autofahren in Szenebezirk nicht mal mehr Acht geben, wenn ein Kettcar auf die Straße rollt, denn es gehört unter Garantie keinem Kind, sondern einem “Junggebliebenem”, einem Trendsetter aus der Kreuzberger Designszene, der vermutlich vernünftig genug ist mit dem Teil nicht auf die Straße zu fahren ohne sich vorher nach Autos umgeschaut zu haben. Kreuzberg ist so leer geworden. Alte Leute gibt hier es auch schon lange keine mehr. Aber das ist auch in Ordnung so. Hier gibt es offenbar nur so welche wie mich, aber in einer besseren und funktionierenden Version. Menschen, die sich nicht andauernd fragen was eigentlich die weißen Stücke in der Salami sind, oder ob Markus Lanz manchmal schlimme Albträume hat. Und wenn ja, wovon sie wohl handeln? Ob er träumt beim Bücken aus Versehen zu blähen? Und das in einer Live-Sendung! Auf diese Art könnten wir uns wieder versöhnen.

Ich hatte gestern vor dem Einschlafen bekifft tierisch Hunger auf diese Knabber-Snacks von ja!. Geschmacksrichtung Schinken. Wie sich das schon wieder liest. Eigentlich eine Todesqual, und sowas wird normalerweise bestimmt den Häftlingen in Guantanamo als Folter serviert, aber es erinnert mich an die Zeiten, als ich noch jung war und wir einfach maßlos alles in uns reingestopft haben, um unsern Motor immer auf Hochtouren zu befeuern. Die “Nahrungsmittel” von ja! sind eine eigene Welt für sich. Nichts schmeckt so abscheulich und sonderbar wie diese Abfallprodukte der Lebensmittelindustrie. Alles scheint irgendwie aus Pappe zu bestehen und mit der gleichen unmöglichen Art von Gewürz hergestellt worden zu sein. Schlecht schmeckendes Pappe-Gewürz, das geschmacklich irgendwo zweischen Hähnchenwürzsalz und Aal liegt und offenbar vom Hersteller auch für die Produktion von Schokolade oder Milch verwendet wird.

Wir lagen im Bett und mir fielen diese verdammten Chips wieder ein. Schinkengeschmack, wow! Aber schmeckte Schinken in meiner Erinnerung nicht immer irgendwie anders? Irgendwie mehr nach Schinken? Also fingen wir an abwechselnd ja! Produkte aufzuzählen, um uns gegenseitig an Scheußlichkeit zu überbieten: Bierschinken von ja!. Cervelatwurst von ja!. Fleischwurst von ja!. Baguettebrötchen von ja!. Sauerkraut von ja!. Mayonnaise von ja!. Die 500g Schweinehackfleisch Packung von ja!. Das Sortiment der Premium-Lebensmittelmarke zog sich schier ins Endlose und der Abend nahm erst spät ein Ende. In der Nacht passiere das: OMG!

Im Arbeitszimmer googlte ich am nächsten Tag nach den besagten Chips mit “köstlichem” Schinkenaroma und die ersten Treffer versprachen mehr als ich mir erhofft hatte. „Darf man als Moslem Schinkenchips essen?“ Eine Frage wie ein Schlag ins Gesicht des Bildungssystems. Der Schläger hieß Dennys0106. Seine Waffe hieß “geistige Gewalt” und vermutlich ist er zum Zeitpunkt der Frage schon mehrfach für ähnliche Delikte vorbestraft gewesen.

„Eine Freundin von mir ist Moslem und ich weiß nicht ob ich es ihr anbieten kann. Ist da überhaupt was von Schinken drin? Bei dem Aroma bin ich mir nämlich nicht sicher obs natürlich ist oder künstlich..“

In solchen Foren läuft immer alles absolut vorhersehbar ab und ich dachte mir, Vorhang auf für den Minimalist, die Sozialpädagogin, den Agressor, den Besserwisser, den Troll und mich.

Der Sozialpädagoge schrieb:

„Biete einfach an was im Rahmen Diener Kultur ist, und sei nicht ärgerlich wenn es abgelehnt wird....Du kannst ja schliesslich und letztendlich nicht alles drehen und wenden nur wegen einer Religion die Du vielleicht gar nicht verstehst...“

Der Minimalist meinte:

„Ließ die Zutatenliste, ist angegeben!“

Der Agressor antwortete:

„Als Muslim ist einem Schweinefleisch verboten. und wie es verboten ist, so ekelt man sich auch davor. wer wollte dann etwas essen, was danach riecht und schmeckt. künstlich hin oder her....bäääää!“

Der Besserwisser behauptet:

„Nein,denn Schweinefleisch ist ungesund! Wenn du's nicht glaubst dann Google!!“

Der Troll stichelt:

„Ich würde lieber Krabbenchips essen.....köstlich!“

Und ich nur so:

„WTF?“
Published 9 Dec 2012