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INTRO Kolumne: Markus Lanz, ein Backstreet Boy auf der Ersatzbank

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Wir sind vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja stets aufwendige Produktionen in Milliardenhöhe (GEZ) und phantastisch übertriebene Kostüme (GEZ) gewohnt. Dennoch fanden wir uns letzten Dienstag relativ unbeeindruckt vor unseren (angemeldeten) Rundfunkgeräten wieder. Das ZDF lud an diesem Abend zu einem promistarken Plaudertreff zu Markus auf die abgegrabbelte Ansammlung sperriger Kunstledersessel (GEZ) ein. Ein Kunstprojekt dessen Humor sich fachfremden Fernsehfreunden nicht gleich auf den ersten Blick erschließen dürfte, oder? Vielleicht! Aber wieso sind unsere Erwartungen eigentlich so verdammt hoch?

Ich sag es einfach mal frei heraus: Wir sind zu verwöhnt und in unserer pubertären Meckerattitüde zwischen Beanstandungs-Mails an den DHL Kundensupport und kritischen Facebook-Postings auf die Fanseiten von Parmesanherstellern haben wir uns irgendwann selbst verloren. Unser inneres »Fernseh-Ich«, das »Sendung-Mit-Der-Maus«-Kind, das gebannt zusieht wie Luftpolsterfolie hergestellt wird und bei »Wetten Dass…?!« ungebremst über die Saalwetten kichert - ich möchte gerne wieder ähnlich befriedet sein und es als vollends ausreichend empfinden, wenn der Moderator ein formschönes Sakko trägt und keinen Senf auf der Krawatte hat - existiert nicht mehr! Wir waren doch mal so zufrieden, aber wo ist das alles hin?

Unter den gefühlten dreihundert Talkgästen dieser Sendung befand sich unter anderem »Wolfgang Rademann«, der TV-Produzent mit »Berliner Schnauze«, der mehr wie ein besonders überzeugender Comedian in einem zu großen Wolfgang Rademann Kostüm wirkte und der mit seiner Performance vermutlich nur die Aufmerksamkeit der Zuschauer abfragen wollte. Wer also an diesem Abend nicht in die »Rademann-Falle« tappte und »Oh, der ist ja gar nicht echt!« dachte, der ist nun offiziell und Markus-Lanz-geprüft tot und dürfte damit auch die Zielgruppe darstellen, die schrill kreischt, wenn die Backstreet Boys in einem kleinen Fernsehstudio in Hamburg Altona sitzen und unfassbar hungrig aussehen. Crazy 90er Jahre Zombies.

Der »Rock- und Popstar H. P. Baxxxter« (Zitat: Markus Lanz) erzählte im lockeren Plauderton von gut bezahlten Auftritten bei KGB-Weihnachtsfeiern in russischen Strip-Clubs. Generell ist Hans-Peter, so der bürgerliche Name des Kajalstift-Warriors aus Ostfriesland, eher der Evil Twin des ZDF-Moderators. Hans-Peter ist so einer, den so welche wie der Markus Lanz auf dem Schulhof immer heimlich bewundert haben (aus der Entfernung, versteht sich), mit denen sie aber nie Kontakt hatten, weil die Eltern generell eher davon abgeraten haben und man das glaubte, was die Eltern sagten, denn die waren ja schon irgendwie alt, trotzdem ganz in Ordnung und hatten es zu einem silbernen Opel Astra für Vater und einem geländegängigen Stadtjeep für Mutter gebracht. Markus Lanz war also eher so ein Anhimmler-Typ. Und ja, er hat es geschafft sich seine Begeisterungsfähigkeit als Charaktermove beizubehalten, nervt damit aber heute leider eher. Oder sind wir bloß eifersüchtig?

Scooter-Sänger H. P. Baxxxter ist also kein Typ, den die Eltern mögen. Natürlich nur bis sie ihn dann irgendwann besser kennenlernen. Lanz hingegen gab als Jugendlicher bestimmt auf die Frage nach seinem Lieblingstag weder den eigenen Geburtstag noch Weihnachten an (da geht es nämlich nur um einen selbst), sondern nannte voller Überzeugung den Tag vor den Schulferien (Aber nur wegen der Zeugnisvergabe) und den Geburtstag seiner Mutter (die freute sich immer so schön über die Narzissen). Heute ist Markus Lanz das »junge« Vorzeigegesicht eines antiquierten TV-Senders und H. P. Baxxxter ist offizieller Repräsentant der Eishockey Weltmeisterschaft der Herren 2010 und hat im Allgemeinen einen viel zu kurzen Wikipedia-Artikel.

Lanz outete sich in der besagten Folge dann auch als riesiger Backstreet Boys-Fanboy der ersten Stunde und läutet die zweite Runde Gäste ein: Die Backstreet Boys - die Echten! Aber Moment mal! War Markus nicht eigentlich damals schon zu alt für die ganze Boyband-Nummer? Und wieso sollte jemand so verrückt sein, das Ganze auch noch zu recherchieren? Richtig! Weil er dafür bezahlt wird. Hier also die Fakten:

Als die Backstreet Boys 1997 mit ihrem Hit »Everybody« an der Spitze der Charts standen, war Markus Lanz bereits 28 Jahre alt - und hörte die Backstreet Boys - und zwar gerne. Ich lasse das mal unkommentiert in dieser Kolumne stehen, damit ihr die Schwere und tiefe Bedeutung dieser Tatsache spüren könnt.

Klein und verdrugt sehen die Boys heute aus. Immer noch in »Tragen sie doch mal was Flippiges!«-Klamotten, wirken sie mehr wie ein Testimonial für Esprit, die »junge« Kleidungsmarke, als eine Band die aus 40 Jährigen Männern besteht und die auch 2012 noch auffallend intensiv betonen, dass sie nicht homosexuell sind. Whatever!

Und liebes ZDF, zeig uns bitte nicht Nick Carter in Nahaufnahme, wir wissen bereits schmerzlich um unsere eigene Sterblichkeit!

Hat man Nick Carter und Eminem eigentlich schon mal in einem Raum gesehen?

Funfact: Nick Carter führte ein paar Jahre lang eine Beziehung mit Paris Hilton, in der auch sein Paris-Tattoo entstand, dass er sich nach dem Beenden der Beziehung mit einem Totenkopf übertätowierte und mit dem Schriftzug »Old habits die hard« überdecke. Michelle Hunziker hat sich ihr Dornenkranz-Oberarm-Tattoo mit einem Gesicht von Markus Lanz übertätowieren lassen und es mit dem Schriftzug »Authentizität« versehen lassen.

Am Ende bleibt allerdings eine Frage offen: Hat Markus Lanz etwas aufgedeckt? http://hat-markus-lanz-etwas-aufgedeckt.de/ Hat er (KGB) und dieses Mal hat wirklich keiner hat den Counter umgestellt.

Mehr Ada und meine monatliche Kolumne natürlich auf INTRO.

Published 9 Jan 2014