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Prag - kann das was?

Prag ist bestimmt eine wunderschöne Stadt, wenn man außer Acht lässt, dass dort an jeder Ecke unfreundliche Touristen mit unfreundlichen Einheimischen Unfreundlichkeiten austauschen.

 

Ok, das Fickmaschinenmuseum hat mehr Eintritt gekostet als meine gesamte Tagesgarderobe, dafür gab es aus Spargründen in der Suite Menüs einer namhaften Fastfoodkette, die uns bereits im Geschäft kalt ausgehändigt wurden. Servicewüste Ostblock. Aber irgendwie auch schön. Man wird von Pragern schlecht behandelt, teilweise angefahren und angezickt, und niemals weiß man warum. Es muss vermutlich eine Ursache geben und die gestehe ich den Menschen dort gerne zu. Es wäre bloß nett gewesen zu erfahren welche. Tschechien ist nicht arm. Ausnahmsweise ist es also nicht dieser deutsche prunkvolle Reichtum, der verärgert. Vielleicht unsere Partnerschuhe in jeweils unterschiedlichen Farbtönen? Das wäre möglich.

 

 

Da endlich mein Geschäft mit den Texten anläuft, leisteten wir uns eine protzige Suite. Natürlich wurden wir im Hotel bei der Ankunft direkt verarscht. Ja, hätte ich vielleicht auch gemacht. Am Ende sieht ja jeder Mensch mit Koffern und Sportschuhen aus, als provoziere er gerade das. 

Die gebuchte Suite entpuppte sich bei Ankunft als Dachgeschosskammer mit 70er Jahre Echtholzoptik. Wo war der versprochene Marmorboden? Wo die große Badewanne? Meine Dusche? Aber mit mir nicht. Ich bin Punk. Ich log also ich sei schwanger und ließ meine Schläfenadern eindrucksvoll pulsieren und verdammt nochmal ich und das verdammte Kind bräuchten diese verdammte Wanne. Widerwillig zeigte der Typ uns schließlich unser Suite. Ja, die wollten wir. Schön. Meine mooshammereske Begleitung steckte dem unfreundlichen Mann schnell noch ein paar Scheine zu, damit seine Seele sich für immer beschmutzt fühlen sollte.

 

In der Suite mit drei Zimmern, zwei Badezimmern und zwei gigantischen Flachbildschirmfernsehern konnte man es aushalten. Prag schafft sich ab. Ich verbrachte viel Zeit auf dem Marmorfußboden.

 

 

Was die Prager so essen: Frittierter Käse und Gulasch, Klöße und die geilen Oblaten mit Nussfüllung. Bier. Hallo, wie kann man als Bürger in einem Land schlecht gelaunt sein, in dem frittierter Käse ein Nationalgericht ist? Beim Mittagstisch im Restaurant zogen gefühlt 3000 Hochzeitsgesellschaften an uns vorbei. Muss denn jeder in diesem Land immer heiraten?

 

 

Zugegeben, die Innenstadt ist ein einziger Wulst aus Prostituierten, Dealern, deutschen Touristen und überteuerten Cafes, aber irgendwie ist die Stadt schön und das kann man zu jeder Zeit auch erahnen. Wie schön muss es sein als letzter Mensch auf der Welt durch diese wunderschöne Stadt zu flanieren. Leichen links. Leichen rechts. Niedersetzen und die Schönheit bestaunen.

 

Das nächste Mal komme ich mit dem Klapprad.

 

Published 21 Sep 2011